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Bodo Ebhardt und die Rheinländer

 

DBV-Präsidiumsmitglied Andres Ebhardt und Urenkel des Gründers der Burgenvereinigung blickt zurück und von dort aus wieder nach vorn:

"Als Schatzmeister der Burgenvereinigung habe ich vor einem Jahr ein gut bestelltes Haus übernommen und darf vor allem die Kasse zu hüten. Begehrlichkeiten gibt es überall zu hauf.

Kluge oder festliche Reden liegen mir daher eigentlich fern. Feiern und Feste sind mir als Schatzmeister ein Dorn im Auge, kosten sie doch Geld und sind mit viel Aufwand verbunden.

Doch heute ist ein besonderer Abend, es gilt unsere stärkste Landesgruppe zu ehren und einmal an dieser Stelle in dieser schnelllebigen Welt inne zu halten.

Im Leben eines Menschen ist der 40. Jahrestag eine nicht unkritische Marke - und da kann ich auch aus eigener Erfahrung sprechen.

Anders verhält es sich, wenn eine Vereinigung ein langjähriges (40-jähriges) Jubiläum feiert.

Das Alter hat in diesem Fall eine gänzlich andere Bedeutung. 40 Jahre bedeuten eine wohl etablierte, eingespielte Einheit und bewährte Positionierung. 40 Jahre signalisieren eine lange Zeit guter Zusammengehörigkeit und Zusammenarbeit von Gremien, Ausschüssen und Mitgliedern.

Für eine Vereinigung zählt nicht unbedingt die Jugend - (obwohl wir noch mehr jungen Nachwuchs benötigen, insbesondere mit Blick auf die demographische Entwicklung in Deutschland) Sondern es zählt das reife Alter. Es zeigt uns also heute am Beispiel des langjährigen Bestehens der Landesgruppe Rheinland, wie gut sich die Idee der Vereinigung bewährt hat und wie gut es doch war, sich zusammenzuschließen.

Wilhelm von Humboldt konstatierte: "Im Grunde sind es doch die Verbindungen mit Menschen, welche dem Leben seinen Wert geben." In diesem Humboldtschen Geiste wurde vor 40 Jahren die heute größte Landesgruppe Rheinland der Burgenvereinigung aus der Taufe gehoben.

Es war an einem Samstag, 22. September 1973. Die Gründung fand im Kerzenschein-erleuchteten Rittersaal der Burg Linn in Krefeld statt.

Vielleicht lag diese energiesparende Gründung daran, dass die Ölkrise im Herbst diesen Jahres in Deutschland bevorstand... und von der Geschäftsstelle der Burgenvereinigung die Weisung erging, auf der ersten Gremiensitzung Energie zu sparen.

Der Gründer der Deutschen Burgenvereinigung, mein Urgroßvater, Bodo Ebhardt wäre heute bestimmt gerne dabei gewesen und ganz besonders stolz.

Zum Zeitpunkt der Gründung der Landesgruppe Rheinland war Bodo Ebhardt bereits seit fast 30 Jahren nicht mehr unter uns.

Gerne hätte er dies miterlebt. Dabei hat das Rhein- bzw. Burgenland Bodo Ebhardt ganz entscheidend geprägt. Der kränkelnde 13-Jährige Junge kam wegen des besseren Klimas an den Rhein und verfiel den Burgen und Baudenkmälern.

Er hatte eine herausstechende Begabung, er konnte nämlich sehr gut zeichnen...

Wer selbst einmal versucht hat, perspektivisch zu zeichnen, weiss wie schwer das ist.

Wie mir meine beiden noch lebenden Zeitzeugen und Großtanten, Frau Marie-Luise Ebhardt, 93 Jahre, und Frau Christa Bünemann, geborene Ebhardt, 86 Jahre, in ihren Erzählungen schilderten, musste man Bodo nur einen Zeichenblock hinhalten - den Stift hatte er natürlich immer dabei - und schon zeichnete er drauf los; Burgen, Schlösser, Häuser und Tiere.

Gegen den Willen seiner Eltern ging Bodo 1885 nach Berlin, wohlgemerkt mit 20 Jahren, völlig aus eigenen Kräften und ohne väterliche Unterstützung.

Er arbeitete bei verschiedenen Architekturbüros und schlug sich so durch.

Mit 25 Jahren gründete er sein eigenes Atelier, besuchte Vorlesungen und gewann die Freundschaft und das Wohlwollen von Kaiser Wilhelm II.

Einen Brief, den er am 19. Januar 1900 an seine Mutter schrieb, verdeutlicht sein besonderes Verhältnis, sein Engagement, aber auch seine innere Belastung:

"Liebe Mutter, soeben war der Kaiser über eine Stunde bei mir, um mene Arbeitenüber die Hohkönigsburg anzusehen. Zwei Stunden vorher kam eine Depesche, dass er kommen wolle, es galt also, Hals über Kopf mein großes Modell aus der Stadt zu holen., alle meine Pläne aufzustellen und mein Haus in Glanz und mich in einen Frack zu stürzen. Der Kaiser war herzgewinnend liebenswürdig und interessierte sich auf das eingehendste für jede Einzelne meiner Zeichnungen und Arbeiten, sogar meine alten Bücher und Kupferstiche hat er sich angesehen (das würde man heute neudeutsch Due Diligence des Kaisers nennen). In Eile nur diese Nachricht, ich habe über eine Stunde "vorgetragen", so dass mir nach all der Unruhe der Kopf brummt. Tausend Grüße von Eurem heute einmal glücklichen Sohne Bodo."

Im Rheinland war Bodo Ebhardt selbstverständlich auch tätig, so baute er beispielsweise das Stallgebäude der Villa Färber in Aachen-Burtscheid in 1894-1895.

Mit 29 Jahren, im Jahre 1894, hat er bereits sein erstes Haus in Berlin-Grunewald, die Villa Ebhardt. Der Begriff soll nicht von ihm gekommen sein, in den Vordergrund stellte er sich nicht gerne. Er hatte sich stets der Sache, den Burgen, vollumfänglich und mit Leidenschaft gewidmet. Dieses interessante Haus in der damaligen Jagowstrasse wurde leider in 1974 abgerissen.

Was hätte der Hofbaurat Bodo Ebhardt heute zum 40. Jubiläum an meiner Stelle gesagt?

Zunächst einmal hätte er sich (wieder) seinen Frack angezogen, hätte den Kaiser (heute würde er den Bundespräsidenten begrüssen) vorne am Haupteingang persönlich und mit Zylinder empfangen und hätte dann in seiner Bescheidenheit anerkennende, aber vor allem mahnende Worte zum dringenden Erhalt der Baudenkmäler gesprochen, er hätte den weitgehenden Ausstieg der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen aus der Denkmalförderung kritisiert.

Er hätte alle Beteiligten an die Ehrenpflicht eines jeden deutschen Staatsbürgers zum Erhalt von nationalen kulturhistorischen Objekten erinnert und an diese Pflicht appelliert.

Können wir vielleicht etwas von ihm auf unsere heutige Zeit und die Arbeit in den Landesgruppen übertragen?

Er soll ein Kauz gewesen sein, ein Eigenbrötler, aber auch ein kinderlieber, gutmütiger, geselliger Mensch.

Individualität zeichnen einen Verein und seine Mitglieder aus, aber auch die Eigeninitiative, wohlgemerkt stets im Einklang mit der gemeinsamen Idee.

Ehrfürchtig und fleissig war er, studierte eingehend alte Bautechniken, hatte genaue Kenntnis von Baustilen, war äusserst gewissenhaft - im Großen wie im Kleinsten.

Er schätzte unbedingte Loyalität, manche Fachkräfte, Handwerker waren über 20 Jahre und länger für ihn tätig. Er konnte trotz seiner vielen Projekte sehr gut zuhören, auch das haben die Großtanten bestätigt. Diese ungeteilte Aufmerksamkeit war etwas Besonderes.

Er zeigte Respekt für jeden Einzelnen, ob Kaiser oder Kastellan.

Diese Tugenden und Verhaltensweisen sind vorbildlich und richtungsweisend für unser Leben, unsere Arbeit und besonders auch für mich.

Die Landesgruppe Rheinland hat den Generationswechsel mit Detmar Westhoff, einen progressiven, modernen und innovativen, manchmal auch unbequemen Protagonisten als Nachfolger des langjährig verdienten Vorsitzenden Herrn Alexander Heckmanns vollzogen.

Vom Alter und von seiner zum Teil recht unabhängig geprägten Vorgehensweise her erinnert er mich so manches Mal an meinen Urgroßvater.

So hätte Bodo Ebhardt an meiner Stelle vermutlich auch gesagt:

Liebe Landesgruppe, lieber Detmar Westhoff, seien Sie weiterhin aktiv, setzen Sie sich wie bisher unter Einbeziehung relevanter politischer Stellen wie Ministerien - insbesondere hier in NRW - für die Erhaltung der wunderschönen Baudenkmäler im Rheinland ein, das ist vorbildlich auch für andere Landesgruppen.

Aber bitte vergessen Sie, vergesst nicht die Grundidee der Deutschen Burgenvereinigung, wir sind in erster Linie eine große Denkmalorganisation in Deutschland, die auf vier Säulen ruht: Den Objektbesitzern, den Denkmalpflegern, den Bauforschern und den Denkmalfreunden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, 40 Jahre Landesgruppe Rheinland feiern wir heute, die Gründung war und ist für uns ein besonderes Ereignis (das auch die Mädchen Heidi Klum und Bettina Wulff vor 40 Jahren geboren wurden, ist heute zu vernachlässigen...).

Das allerdings Burgen und Mädchen zusammengehören und einen friedensstiftenden Sinn entwickeln können, zeigen Ihnen zum Abschluss meiner Ausführungen folgende Zeilen aus dem Soldatenchor aus Goethe's Faust:

"Burgen mit hohen Mauern und Zinnen, Mädchen mit stolzen höhnenden Sinnen, möcht ich gewinnen! Kühn ist das Mühen, herrlich der Lohn! Und die Trompete lassen wir werben Wie zu der Freude, so zum Verderben Das ist ein Stürmen! Das ist ein Leben! Mädchen und Burgen müssen sich geben, Kühn ist das Mühen, herrlich der Lohn Und die Soldaten ziehen davon!"

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir gratulieren der Landesgruppe herzlich und wünschen an dieser Stelle alles Gute, Beständigkeit und Erfolg für die nächsten 40 Jahre.

So ein Jubiläum ist - obwohl ich ein vorsichtiger Schatzmeister bin - ein schöner Grund gemeinsam zu feiern. An dieser Stelle möchte ich stellvertretend für alle in diesem Raum einen ganz herzlichen Dank an die Organisatoren dieser Veranstaltung aussprechen.

Ganz besonders herausheben möchte ich die aufopferungsvolle, eiserne und zugleich liebenswürdige Mitwirkung von Frau Naumann mit einem großen Applaus würdigen.

Ich wünsche gemeinsam mit meinen Kollegen des Präsidiums, des Vorstands und der Geschäftsstelle der Burgenvereinigung dieser Landesgruppe Rheinland für heute fröhliche Stunden, alles Gute für die Zukunft und erhebe nun mein Glas zum Wohle aller.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!"

Ihr Schatzmeister